Kontrollverlust – oder auch: der tiefe Fall
- Suse

- 4. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Juli
Unser Gehirn ist ziemlich fleißig, wenn es darum geht, Sicherheit zu schaffen. Es versucht ständig, alles zu ordnen, zu planen, zu kontrollieren. Das ist evolutionär ganz schlau – ohne diese Fähigkeit wären wir wahrscheinlich längst irgendwo vom Mammut überrannt worden. Bis zu einem gewissen Punkt funktioniert das auch richtig gut. Vor allem bei den einfachen Dingen ist unser Kopf ein Meister der Kontrolle.
Doch irgendwann – fein säuberlich zusammengeschnürt mit Herz und Seele – wird er mit Karacho in einen Prozess geschleudert, auf den er nicht vorbereitet war.
Als bei mir alles aus den Fugen geriet
Besonders zu Beginn meines eigenen Weges mit meiner Dualseele habe ich schnell gemerkt: Ich hatte nichts mehr unter Kontrolle. Meine Tränendrüsen führten ein Eigenleben. Meine Gedanken glichen einem Karussell ohne Stoppknopf. Von innerer Ruhe oder Souveränität war ich Lichtjahre entfernt.
Alles entglitt mir. Und ganz besonders: er.
Highlights meiner damaligen „Strategien“
Nur mal ein kleiner Einblick:
Wenn ich mit ihm sprechen wollte, entzog er sich.
Schrieb ich ihm, kam keine Antwort.
Ging ich auf ihn zu, ging er weg.
Zog ich mich zurück, blieb er einfach stehen.
Sagte ich was Liebes, kam nichts.
Schwieg ich, kam auch nichts.
Sprach ich von Gelb, malte er Blau.
Ich habe wirklich alles versucht, um wieder ein klein wenig Kontrolle zurückzubekommen. Ich habe mich angepasst, rebelliert, verbogen. Habe hübsche Bilder gepostet, in der Hoffnung, er versteht die Botschaft zwischen den Zeilen. Habe mein Profilbild gewählt, um ihm indirekt mitzuteilen, was ich denke. Immer und immer wieder bin ich auf ihn zugegangen, weil ich mir so sehr das erhoffte Verhalten von ihm wünschte.
Kurz gesagt: Ich habe mich, rückblickend betrachtet, oft echt zum Horst gemacht.(Grüße gehen raus! 😉)
Und weißt du was? Nichts davon hat mich aus meinem gefühlten Treibsand geholt.
Warum Kontrollverlust uns so wahnsinnig macht
Der Verlust von Kontrolle lässt uns Dinge tun, die wir später kaum glauben können. Er katapultiert uns oft zurück in alte Muster, in Erfahrungen aus der Kindheit. Damals war es schmerzhaft, wenn wir nicht wussten, woran wir sind, wenn Liebe oder Zugehörigkeit wackelten. Und so stehen wir auch mit Mitte dreißig manchmal da und wollen am liebsten auf dem Boden strampeln oder uns unter eine Decke verkriechen, bis alles wieder gut ist.
Kontrollverlust tritt auch ein, wenn starke Gefühle uns überrollen – und dazu gehört vor allem die Liebe. Plötzlich können wir nichts mehr tun, um die gewohnte Sicherheit zu spüren. Also halten wir uns lieber an flachen Gefühlen fest, tauchen nicht zu tief ein, bleiben an der Oberfläche. „Dann kann auch nichts passieren“, denkt unser Kopf.
Doch das Leben ist da ziemlich humorvoll. Es stellt dir jemanden hin, bei dem du plötzlich fällst. Meterweit. In die Gefühle.In das Unbekannte. In Schatten und Licht zugleich.
Wenn Treibsand dein Lehrer wird
Und dann ist sie weg – jegliche Kontrolle. Je mehr du strampelst, desto tiefer sinkst du in diesen inneren Treibsand. Das Leben zwingt dich, genau hinzusehen: Wo glaubst du noch, alles im Griff haben zu müssen? Wo klammerst du dich an Kontrolle, weil die Angst so groß ist?
Es hämmert so lange gegen deine Mauern, bis dir fast schwindelig wird. Bis du eines Tages begreifst: Das Einzige, was du wirklich steuern kannst, bist du selbst. Deine Reaktionen, deine Perspektive, deine Bereitschaft, zu fühlen und zu wachsen.
Alles andere? Passiert. Immer wieder.Solange, bis du verstehst, dass wahre Sicherheit nicht im Außen liegt – sondern darin, dass du bei dir selbst ankommst.
✨ Sanftes Fazit
Am Ende zeigt uns der Kontrollverlust nur eines: dass wir nie wirklich alles im Griff hatten – und es auch gar nicht müssen.
Was wir dürfen, ist lernen, uns selbst zu halten. Uns hinzugeben an das, was kommt. Sanft zu werden, dort wo wir sonst festhalten.
Und vielleicht entdecken wir genau darin eine Freiheit, die tiefer ist als jede Sicherheit,die wir uns je hätten schaffen können.



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